Ob es wohl schon so weit ist, dass man ihm Rollen auf den Leib schreibt? Und er dadurch zum Mitautor seiner Figuren wird? Das gelingt wenigen Schauspielern. Und eigentlich wirkt Lars Eidinger erst mal wie ein Passepartout. Er scheint vielseitig besetzbar, wenn auch mit einer unverkennbaren Grundierung. Denn tatsächlich knüpfen seine Rollen bereits aneinander an. Beim Sehen von „Was bleibt“ darf man „Alle anderen“ im Hinterkopf behalten. Beide Rollen erzählen davon, wie man sich Vitalität erstreitet und wie Virilität heutzutage aussehen könnte. Vielleicht wird man sich eine Generation später einmal an ihn erinnern, wie man heutzutage an den Rüdiger Vogler der 1970er und 80er Jahre zurückdenkt, zumal in „Die linkshändige Frau“.
Wesentlich für die zwei Eidinger-Figuren ist zunächst jedoch, dass sie Söhne sind. Im Erwachsenenleben sind sie noch nicht ganz angekommen. Dafür misstrauen sie dessen Gewissheiten noch zu sehr und scheuen dessen Verbindlichkeiten. Allerdings man kann ihnen zuschauen beim Versuch, dahin aufzuschließen. Die Geschichten halten stets eine Prüfung für sie bereit. Eidingers Figuren stellen sich ihnen verspielt und wendig. Der Alltagssprache verleihen sie eine schluffige Epigrammatik. Ihr Schutzschild ist die Komplikation: Es schiebt sich immer noch eine weitere Ebene der Reflexion zwischen sie und ihr Gegenüber. Sie wissen ein wenig zu viel über sich selbst (was nicht bedeutet, dass sie sich kennen), Urteile über die anderen gehen ihnen leicht über die Lippen. Ihre Selbstironie entlastet sie nicht. Sie werden allerdings robuster im Umgang mit dem Zweifel. In der winterlichen Coda von „Was bleibt“ verkörpert Eidinger Zuversicht. Dank ihm braucht der Filmtitel kein Fragezeichen. Um seinen eigenen Sohn hat man sich in diesem Film über Fürsorge und Kontrolle ohnehin keine wirklichen Sorgen gemacht. Der scheint prächtig gewappnet fürs Leben. Er ahnt bereits, was sein Vater im Film erst noch lernen muss: dass man besser durchs Leben kommt, wenn man seinen Eltern verzeiht.
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