Das Rätsel der Kalebasssen

„Seigiha“ (Righteousness) ist einer der schönsten Filme aus der kleinen Hommage, die das Forum dem japanischen Studioregisseur Minoru Shibuya widmet. Shibuya ist ein ehrenwerter, kleiner Meister, ein großzügiger Moralist und aufmerksamer Zeitgenosse der Umbrüche in der japanischen Nachkriegsgesellschaft. Im Zentrum von „Seigiha“ stehen eine umtriebige Schwarzmarkthändlerin und Sohn, der sich seine moralische Integrität in schwierigen Zeitläuften bewahren will. Als einzige Erinnerung an seinen Vater ist ihm dessen Sammlung von Kalebassen geblieben. Zwischen Mutter und Sohn entzündet sich ein Streit, als sie einen Teil der Sammlung verkauft. Heimlich ersetzt sie einige Stücke. Augenblicklich fällt dem Sohn auf, dass eine von ihnen einen Riss aufweist. Später erleidet er einen Zusammenbruch, in dessen Verlauf er den Rest verzweifelt in den Fluss wirft. Am Ende müht sie sich, die im Wasser treibenden Kalebassen wieder aufzufischen. Was hat es mit ihnen auf sich? Offenbar nehmen sie in der japanischen Gesellschaft einen hohen sittlichen und ästhetischen Rang; so wie die Jade in der chinesischen. Ein Händler rühmt gegenüber dem Sohn seine Auslagen: Eine der Kalebassen, die er ihm verkaufen will, habe einem großen Künstler, Atsumi, gehört. Aber wofür stehen sie, worin liegt ihre symbolische Aussagekraft? Bei Wikipedia erfahre ich, dass es sich Flaschenkürbisse handelt, die als Gefäß für Wein, Öl und Tee sowie als Vase benutzt werden. Auch als Musikinstrumente finden sie in verschiedenen Kulturkreisen Verwendung. In China symbolisieren sie Langlebigkeit. Welche Bedeutung sie für Japaner haben, ist mir bislang unklar. Auch mein Freund Max Tessier, ein intimer Kenner des japanischen Kinos, wusste keine Antwort auf meine drängende Frage. Gibt es unter den Lesern Jemanden, der mich aufklären kann?

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