Hofberichterstattung verboten

Gerade erreicht mich eine Pressemitteilung des Festivals, die ein Embargo verkündet für den noch unbetitelten Dokumentarfilm über die Literaturzeitschrift „New York Review of Books“, bei dem Martin Scorsese Co-Regie mit David Tedeschi führt. Üblicherweise setzt ein solches Embargo eine Frist: bis zu einem bestimmten Datum oder einer bestimmten Uhrzeit darf kein Artikel zu dem jeweiligen Film oder der Preisverleihung veröffentlicht werden. Dieses ist freilich umfassend: Nach der Vorführung am Freitag im Haus der Berliner Festspiele darf weder eine Kritik noch sonst eine Form der Berichterstattung erscheinen. Kehren in Berlin nun chinesische Zensurverhältnisse ein? (Man erinnere sich: „A Touch of Sin“ von Jia Zhang-ke hatte in der VR im letzten November zwar einen Alibistart, über den aber auf Anordnung des Propagandaministeriums kein Medium berichten durfte.) Hier liegt der Fall anders: Es handelt sich um ein work in progress, die Montage und Nachbearbeitung sind offenbar noch nicht fertig, weshalb nur drei Ausschnitte gezeigt werden. So speziell sind die Berlinale-Specials! Aber wem nutzt eine Vorführung solcher Appetithäppchen? Im Interesse der Filmemacher kann das nicht sein. Sollte es  womöglich tatsächlich Kinogänger  geben, die ihren Enkeln später einmal stolz erzählen möchten, sie seien dabei gewesen? Natürlich schmückt sich jedes Festival gern mit der Premiere eines Scorsese-Films, aber nicht jedes wäre so stolz darauf, Brosamen aufzusammeln.

Dieser Beitrag wurde unter Berlinale 2014 abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.