“workers” und ganz private bilanz…

Nachdem die meisten der angereisten Berlinale-Gäste längst wieder zuhause sind, soll auch dieser Blog einigermaßen geordnet zu Ende geführt werden. Eine generelle Bilanz ist dabei unmöglich, zu gering war der Anteil der gesehenen Filme am Gesamtprogramm: Zwei Wettbewerbsfilme darunter nur, beide im Wettbewerb wohl nur wegen ihrer prominenten Hauptdarstellerinnen (Juliette Binoche und Catherine Deneuve) gelandet, die das Festval mit ihrem Starglanz schmücken sollten. Dafür habe ich in der Endgeraden noch einen Spielfilm im Panorama gesehen, der mein persönliches  Festivalglanzlicht war und den Wettbewerb sicherlich aufgewertet hätte: Das ist “Workers” von José Luis Valle, eine mexikanisch-deutsche Koproduktion, die an der US-mexikanischen Grenze in Tijuana zwei lose miteinander verbundene Erzählstränge gegenüberstellt. Beide handeln von Menschen am unteren Ende der Abhängigkeits- und Einkommensskala, ein ehemals illegal aus El Salvador eingereister und arg gebeutelter Putzmann bei einem internationalen Glühbirnen-Multi und die Dienstleistungs-Entourage einer sterbenden reichen Dame in einer überladenen Luxusvilla, deren Hintergrund nicht ganz legale Geschäfte scheinen. Der Film ist formal höchst elegant und ökonomisch erzählt, leistet sich aber immer wieder kleine – oft humoristisch – surreale Schlenker und ein Fast-Happy-End, das Herz und Seele beglückt, ohne irgendetwas von der Schärfe der erzählten Situationen zu nehmen. Der vom World Cinema Fund unterstützte Film hat schon einen Weltvertrieb gefunden, was Hoffnung auf einen Einsatz bald auch in deutschen Kinos macht.

Auch vom Forum habe ich dieses mal viel zu wenig gesehen, um repräsentative Aussagen machen zu können, bedauere aber wie andere Kollegen auch eine zunehmende Tendenz zum Prätentiösismus mit allzu vielen Stücken, deren Realisierung weit hinter ihren eloquent formulierten Ansprüchen zurückbleibt. Da ärgert man sich dann über die verlorene Lebenszeit. Aber vielleicht ist der Ozean einfach leergefischt durch die zunehmende Zahl an Festivals weltweit, die in dem gleichen Pool an Filmen angeln.

Ansonsten die ganz persönliche Bilanz neben den Filmen: Eine verlorene Stulpe, eine brilleninduzierte Nasenverletzung, keine (!) Erkältung, zwei ganz überraschend widergefundene Altfreunde und die in lebendiger Erinnerung bleibende Begegnung mit den gequälten Schimpansen aus “Unter Menschen”. Und das Vorhaben, nächstes Jahr nicht erst am letzten Tag in das schönste Berlinale-Kino zu gehen, das “International”. Das kommt gleich noch in den Kalender. Und dann kann der Frühling kommen.

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