wieder da mit fipresci

So, zwei recht volle Tage nicht zum Bloggen gekommen, die tagesaktuellen Zeitungsschreibpflichten haben die kreativen Kräfte blockiert. Und die Preisverteilung in der FIPRESCI-Jury musste auch debattiert werden. Dann heute früh zum ersten Mal seit Tagen das Radio angemacht: Die Revolten im Nahen Osten, das Aufbegehren der italienischen Geschlechtsgenossinnen gegen ihren Ministerpräsidenten, die hoffentlich nahende Demontage unseres Verteidigungsministers und der bizarr weltfremde Streit um 3 € Hartzgeld-Erhöhung haben das Interesse für das filmische Treiben rund um den Potsdamer Platz für ein paar Momente aus der Aufmerksamkeitszone verdrängt. Zumindestens kurzfristig ist das wirkliche Leben in Echtzeit doch spannender als die auf der Leinwand eingefangenen Verdichtungen und Reflexe. Dann kam noch die fast vergessene Aufgabe, dem Tagesspiegel die persönlichen Topps („Day is Done“ von Thomas Imbach) und Flopps (immer noch Joe Swanbergs „Silver Bullets“) der diesjährigen Berlinale für die Abschluss-Charts zu nennen. Hoffentlich ist Joe nicht so aktivistisch wie ein anderer vor Jahren von der Bloggerin mit dem Flopp-Etikett beklebter Bären-Kandidat, der erst noch nächtens den heimischen Anrufbeantworter und am nächsten Tag die Telefonapparate der Redaktion mit Beschimpfungen bis zur Schadenersatzklage bedachte.. Letztere blieb dann erwartungsgemäß (und leider, das Ergebnis hätte ich gerne mitbekommen) doch aus. Und Herr Swanberg durfte vermutlich nicht die Berliner Tagespresse lesen.

Kein einziger Film mehr heute. Dafür die FIPRESCI-Preisverleihung im Dachgeschoss des Haus Huth, wo sich – angeblich zum ersten Mal – Kosslick höchstelbst die Ehre gab, das Warten auf selbigen hat der Veranstaltung allerdings zu einer etwas absurden Zwangspause verholfen und so den allgemeinen Alkoholpegel erhöht. Leider waren – wohl als Ausgleich für die erlesene Präsenz des Berlinale-Direktors – zwei der drei Preisträger nicht anwesend, sowohl Zeze Takahisa, Regisseur unseres wahrhaft kolossalen (von Christoph Terchechte als Monster betitelten) Forums-Laureaten „Heaven’s Story“ wie Wettbewerbs-Gewinner Béla Tarr waren wegen Dreharbeiten schon wieder abgereist. Beide, „Heaven’s Stories“ und „The Turin Horse“ sind Filme, die es schon allein wegen ihres sperrigen Formats, der komplex weitschweifigem Montage (Heaven’s Story) oder monomaner Besessenheit (The Turin Horse) beim breiten Publikum schwer haben dürften. Umso wichtiger die Preise. In seinem Statement zum Panorama-Preis für „Dernier Étage Gauche Gauche“ von Angelo Cianci hat Panorama-Chef Wieland Speck sich dann auch mit einem dezidierten Bekenntnis zur Rolle der Filmkritik den Beifall der versammelten Journalistenschar erworben.

Die Bloggerin hat dank ihrer Jury-Tätigkeit dieses Jahr zum ersten Mal in der schon langen Zeit als Berlinale-Berichterstatterin eine Einladung zur Abschlussveranstaltung samt Party in die Hand gedrückt bekommen. Eine auswärtige Jury-Kollegin bedauerte leidenschaftlich und ernsthaft, zu dem Termin schon wieder abgereist zu sein, ohne nach der Arbeit endlich ein bisschen Glamour genießen. Die hier schreibende langgediente Berliner Kollegin sieht die Sache etwas anders und verzichtet gerne auf das Angebot, den langen und bisher eigentlich immer auch langweiligen Abend in den engen Sitzen des Berlinale-Palast abzusitzen – zwischen Honoratioren und Lokalgrößen, die dem Bühnengeschehen voraussichtlich andächtig Tribut zollen? Als Kritikerin zieht man da doch das kollektive Ablästern mit ein paar ausgesuchten KollegInnen vor einem Fernsehgerät vor. Und auch bei der die anschließenden Party in angesagter „Abendgarderobe“ käme ich mir in berufsgemäßer Funktionskleidung – etwa Fleecejacke und Kordhose – eher deplatziert vor.