Es lässt sich nicht bestreiten, dass die Digitalkameras in den letzten Jahren enorme technische Fortschritte gemacht haben. Sie ermöglicht Bilder, die so gestochen scharf sind, wie man es sich auf Zelluloid nicht vorstellen konnte. Bei raschen Bewegungen verwischen sie längst nicht mehr so oft wie anfangs, als Schlieren noch unvermeidlich schienen. Ist das nur ein Zugewinn? Den Vorwurf, sie wirkten immer noch eine Spur zu teilnahmslos, hat die technische Entwicklung bislang noch nicht entkräften können. Wird sie es jemals?
Der zweite Wettbewerbsbeitrag, „El Premio“ von Paula Markovitch, hat erstaunlich viele Fürsprecher gefunden. Sie nehmen die Herausforderung offenbar gern an, die Erzählrhythmus und –tempo des mexikanisch-argentinischen Films an sie stellen. Mein eigenes Missbehagen an dem Film hat auch mit seiner Länge zu tun; eine großzügigere und erfahrenere Regisseurin hätte zweifellos beherztere Schnitte vorgenommen. Aber nicht zuletzt die digitale Fotografie hält mich auf Distanz zum Film: Ich hege ihm gegenüber ein gewissermaßen atmosphärisches Misstrauen. Das enge Farbspektrum mit den vorherrschenden Braun- und Grautönen ist gewiss von der Regisseurin so gewollt. Ich begreife, was sie mir mitteilen will. Auch auf Zelluloid hätte sie diese trübe Wirkung erzielen können, wenn auch mit leichten Nuancen. Aber kann es in ihrem Sinne sein, dass die Hautfarbe derart fahl wirkt?
Das Zelluloid ist zwar eine chemische Emulsion, dennoch haftet ihm noch eine Aura des Organischen an. Wir unterstellen ihm, vielleicht nur aus Nostalgie, eine größere, intaktere Nähe zur Natur. Es führt eine filmische Erzählung entschiedener in die Fiktion, als es ein aus Pixeln zusammengesetztes Bild derzeit vermag. Im klaren, nüchternen Antlitz von „El Premio“ nistet ein Vorbehalt. Diese Diskrepanz fällt besonders bei einem Film ins Auge, der sich derart beharrlich und auf höchst ungemütliche Weise den Elementen aussetzt. Dass in seinem Zentrum ein Kind steht, verdoppelt das Unbehagen: als wolle er keinen Raum bewahren für das Zauberische, Träumerische, in dem man die kleine Heldin manchmal auch gern aufgehoben wüsste. Ist es ein Akt selbstkritischen Aufbegehrens, wenn die Regisseurin ihren Film mit einem vergeblichen Happyend in ostentativer Unschärfe enden lässt?
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