Herzlich willkommen zum diesjährigen Berlinale-Blog von epd Film

Berlinale: das ist nicht einfach ein Filmfestival, irgendwelche Tage, an denen Filme aus aller Welt präsentiert werden. Die Berlinale ist für den Festivalbesucher, für den Filmkritiker zumal, der sich fünf, sechs Filme pro Tag vorgenommen hat, auch ein Ort der Selbstbegegnung, der Selbstbefragung. Was will ich hier? Was erwarte ich? Was fordere ich vom Festival? Bin ich überhaupt in der Position, etwas zu erwarten? Wie offen, wie vorurteilsfrei bin ich, kann ich sein, darf ich sein, will ich sein? Wie sehr wird am Ende meine Voreingenommenheit gegenüber manchen Filmen bestätigt werden; kann, darf man sich schon aus der kurzen Filmbeschreibung im Tip Berlin-Berlinaleplaner ein Urteil bilden?

In diesem Jahr sind wie selten sonst die großen Filmemachernamen rar. Der Eröffnungsfilm von den Coens ist der Coup, ein Film, auf den man sich schon im Vorfeld freuen kann; und der dann ein paar Tage nach den Berliner Filmfestspielen ganz offiziell für alle ins Kino kommt. Ansonsten: die üblichen Verdächtigen, Herzog und Wenders in 3D, Ralph Fiennes inszeniert Shakespeare, Murnberger, Köhler und Veiel als deutsche Fraktion… Kino, auf das die Welt wartet, ist das nicht; aber das will es wohl auch nicht sein.

Es ist denn auch immer ganz lustig, aber vor allem müßig, sich über den Gewinner des Goldenen Bären Gedanken zu machen. Man hat ja nicht nur Probleme, den Siegerfilm des aktuellen Jahrgangs vorauszusehen, sondern auch, sich an die Gewinner der letzten Jahre zu erinnern. Wer war das 2010? Und 2009?

Man darf nicht davon ausgehen, dass die Berlinale unbedingt das Beste des internationalen Filmgeschehens zeigen will (oder überhaupt kann). Es geht mitunter eher um das am Besten gemeinte internationale Kino – das ist der politische Anspruch, den das Festival immer wieder betont. Und es geht um den Blick auf das, was im Verborgenen gedeiht. Was durchaus in die Hose gehen kann, nicht jedem gefällt alles, was im großen Garten der internationalen Kinematographie wächst und was Kosslick nun ausstellt. Und manches wäre vielleicht tatsächlich besser im Schatten hinter ein paar größeren Büschen aufgehoben, wo es nur der findet, der sich aktiv danach bückt…

Aber ich für mich habe beschlossen, zwar einerseits in strammem Marsch durch diesen mitunter wild wuchernden Garten zu gehen, andererseits aber sowenig umzuknicken oder niederzuhauen wie möglich; mal sehen, wieweit ich diesen Vorsätzen folgen kann.

Tatsache ist: andere große deutsche Festivals, in München oder Hof, sind übersichtlicher, klar: sie sind ja auch viel kleiner, ohne 300 Nebensektionen, Specials und Zusatzreihen. Sie wirken aber auch besser gepflegt, scheinen erwähltere Sprösslinge zu präsentieren: egal, wohin man sich wendet, findet man dort etwas Schönes; oder zumindest Interessantes. Bei der Berlinale muss man genauer hinsehen, besser vorauswählen – weil die Wahl ja größer ist, weil es im Festivalgarten mehr Wege gibt, die sich verzweigen. Und eben deshalb, weil das Festival nun mal so ist, wie es ist, ist man mehr auf sich selbst zurückgeworfen, mit sich selbst konfrontiert: auch damit, wie sich die eigene Einschätzung der filmischen Werke von der anderer, die (mutmaßlich) nicht weniger kompetent sind als man selbst, unterscheidet. Und warum sie das tut: sehe ich den Film falsch? Der andere? Oder wir beide?

Enttäuschungen werden sich nicht vermeiden lassen, ebenso wenig wie Entdeckungen. Und immer muss man sich mit dem eigenen Vermögen, Filme zu betrachten, auseinandersetzen. Und immer muss man hoffen, dass man eher positiv als negativ überrascht wird; zumindest mit dem nächsten Film dann.

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